August Sander (1876-1964) gilt als einer der größten Portraitphotographen unseres Jahrhunderts. Seine betont sachlichen Aufnahmen, mit denen er zu Beginn der 30er Jahre erstmals an die Öffentlichkeit der Weimarer Republik trat, erregten sofort die Aufmerksamkeit und Bewunderung von Künstlern und Literaten wie Walter Benjamin, Kurt Tucholsky und Alfred Döblin. Eine nach Ständen geordnete Portraitsammlung deutscher Menschen, die in 45 Mappen mit je zwölf Photographien gegliedert sein sollte, war bis zu August Sanders Tod im Jahre 1964 das Lebenswerk des Photographen. Dieses Werk, dessen Plan und Anlage in der Geschichte der Photographie seinesgleichen sucht, ist unvollendet geblieben. Aus den hinterlassenen Aufzeichnungen und Negativen hat Ulrich Keller in Zusammenarbeit mit Gunther Sander, dem Sohn des Photographen, die vorliegende Rekonstruktion erarbeitet. Sie enthält insgesamt 431 Portraitphotographien, von denen fast die Hälfte bislang unveröffentlicht war. Sanders Aufnahmen aus dem Kaiserreich, der Weimarer Republik, aus der Zeit des Naziregimes und den frühen Jahren der Bundesrepublik, formen ein Dokument deutscher Geschichte, das ohne Beispiel ist und in dem sich in einem Epos die individuelle und kollektive Geschichte der Deutschen in diesem Jahrhundert ablesen läßt.